Algenbefall

Algen und Pilze an Fassaden

Algen stellen eine äußerst genügsame Lebensform dar. In exponierten Lagen reicht schon eine erhöhte Luftfeuchtigkeit aus, um ihnen eine Lebensgrundlage zu bieten. Die Verbreitung ihrer Keimzellen erfolgt über den Wind. Algen können somit überall auftreten, sobald genügend Feuchtigkeit vorhanden ist. In der Regel beginnt der mikrobielle Befall einer Fassade mit dem Bewuchs von Algen als sogenannte Pionierorganismen. Zu diesen Pionierorganismen gesellen sich oft Pilze, Flechten und Moose, da diese in den Algen wiederum genügend organische Nährstoffe finden, um wachsen und sich ausbreiten zu können. Dabei sind Flechten eine Form der Symbiose zwischen Algen und Pilzen. Algen- und Pilzwachstum an Gebäuden und Bauteilen ist stets ein Hinweis darauf, dass an den befallenen Stellen zumindest zeitweise eine erhöhte Material- und Oberflächenfeuchte vorliegt.

Pilze und Flechten können nicht nur optische Beeinträchtigungen hervorrufen, sondern auch Schäden an der Beschichtung, etwa durch die Produktion von Säuren oder eine Veränderung des Feuchtehaushalts im Material. Die Beschichtung kann ihre Wasseraufnahme und -abgabe verändern, was dazu führen kann, dass Feuchtigkeit in den Anstrich, den Putz oder das Mauerwerk eindringt und diese Untergründe schädigt. Ein Befall durch Algen ist somit weit mehr als nur eine optische Beeinträchtigung, da Algen einen Pilzbefall beschleunigen bzw. auslösen können. Putzoberflächen werden nahezu gleichermaßen befallen unabhängig davon, ob Mineral-, Kunstharz- oder Silicatputze verwendet wurden. Fassaden, die mit einem Wärmedämm-Verbundsystem gedämmt wurden, neigen eher zur Algen- und Pilzbildung, da die Fassadenoberfläche geringere Temperaturen – bedingt durch den verringerten Wärmestrom von innen nach außen – aufweist.

Ein wesentlicher Faktor ist die Oberflächentemperatur und vor allem die Häufigkeit und Dauer der Befeuchtung (time of wetness). Ein Bewuchs durch Mikroorganismen ist unter geeigneten klimatischen Bedingungen immer möglich. Ein Befall kann sich auf glatten wie auf rauen Untergründen, mit hoher ebenso wie mit geringer Wasserabweisung einstellen. Natürlich stellt sich ein Befall desto eher ein, je besser die Bedingungen sind. So wird ein rauer Putz, in dem sich Schmutz, Pollen usw. in einer höheren Konzentration ansammeln, schneller befallen als ein gleichartiger glatter Putz. Da die Einflüsse, die einen Befall hervorrufen, sehr vielfältig sein können, lassen sich die exakten kritischen Bedingungen nicht in allgemeingültige Regeln fassen. Die lokalen Makro- und Mikrobedingungen üben einen entscheidenden Einfluss aus.

Sobald ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist, besteht auch das Risiko eines Befalls durch Mikroorganismen. Der Zeitpunkt eines möglichen Befalls ist allerdings nicht vorhersehbar. Ein Algen- oder Pilzbefall an Fassaden hat immer mehrere Ursachen. Bei ungenügenden Wasserabläufen, an waagerechten Flächen, bei fehlendem Regenschutz usw. tritt ein Bewuchs häufiger auf. Oft ist der Bewuchs lokal begrenzt, vor allem dort, wo sich Nässe und Feuchtigkeit stauen.

Eine Dauerbelüftung beheizter Wohnräume verschwendet Energie und führt zu Kondensat- und Algenbildung an der Fassade. Bei falscher Lüftung, z. B. bei einer dauernden Kippstellung der Fenster, zeigt sich häufig im Sturzbereich ein mikrobieller Befall. Verursacht wird dieser Befall in der Regel durch ein Kondensieren der ausströmenden feuchtwarmen Luft an den kühleren Sturzflächen und durch gute Wachtumsbedingungen durch Schmutzablagerungen.

Aufgrund der thermischen Entkoppelung des Putzes vom Wandbildner bei Wärmedämm-Verbundsystemen, kann das Mikroklima für einen möglichen Befall begünstigt werden. Die Putzoberflächen sind länger feucht, da zur Energieeinsparung der Wärmefluss von innen nach außen reduziert wird. Die Temperatur an der Bauteiloberfläche beeinflusst den Feuchtigkeitshaushalt und die Dauer der Feuchtigkeitsbelastung und somit das Wachstum und die Art der Mikroorganismen wesentlich. Bereits geringste Temperaturunterschiede können für das Wachstum entscheidend sein. Durch den reduzierten Wärmestrom von innen nach aussen, bleiben gedämmte Fassaden meist über einen längeren Zeitraum kälter und feuchter als ungedämmte Fassaden.

Wirkstoffe gegen den Befall von Mikroorganismen werden als Biozide bezeichnet, wobei Wirkstoffe gegen Algenbefall als Algizide und Wirkstoffe gegen Pilzbefall als Fungizide benannt werden. Biozide Wirkstoffe müssen zur Vermeidung und Bekämpfung von Bewuchs wasserlöslich sein, um vom Schadorganismus aufgenommen werden zu können. Bedingt durch diese notwendige Wasserlöslichkeit ist die Wirkung durch Bewitterung und Auswaschbarkeit nur über einen begrenzten Zeitraum vorhanden. Die Dauer der Wirkung ist objektspezifisch und daher nicht vorhersehbar. Die Funktion von Bioziden ist abhängig vom Wirkstoff, von der Dosis, der Auswaschbarkeit und der UV- und Chemikalienbeständigkeit. Die Wasserlöslichkeit, das Wirkungsspektrum und die UV- und Alkalistabilität schränken die Schutzwirkung eines jeden Biozides ein. Auch Wirkstoffkombinationen schließen nicht alle Lücken gegen die Vielzahl der Mikroorganismen. Der Zeitpunkt und das Gefährdungspotenzial eines möglichen mikrobiellen Befalls sind in der Praxis nicht vorhersehbar. Deshalb ist es auch nicht möglich, eine zuverlässige Aussage über eine Schutzwirkung zu treffen und diese über einen definierten Zeitraum durch Gewährleistungen zu bestätigen. 

Auch wenn die eingesetzten Biozide der Biozidrichtlinie entsprechen, so stellen sie dennoch Giftstoffe dar, die es nach Möglichkeit einzuschränken bzw. zu vermeiden gilt. Das Ziel aller am Bau Beteiligten muss somit sein, einen mikobiellen Befall durch konstruktive Maßnahmen, eine entsprechende Produktauswahl, eine Wartung des Gebäudes und durch eine Rezepturoptimierung der Hersteller zu vermeiden und Biozide nur dort gezielt einzusetzen, wo andere Möglichkeiten nicht gegeben sind oder versagen.

Von einigen Fachleuten am Bau wird die Meinung vertreten, dass der Befall von Mikroorganismen, speziell der Befall von Algen, eine höhere Gewalt der Natur darstellt und nur als „optische Beeinträchtigung“ zu bewerten ist. Aus gutachterlicher Sicht kann dieser Meinung nur bedingt gefolgt werden und nur dann, wenn alle vorbeugenden Maßnahmen versagt haben. Algen, die z. B. auf einer verputzten Fassade anzutreffen sind, führen zwar zu keiner direkten Schädigung des Untergrundes, sie können aber Pilzen und Flechten als Nährboden dienen, die den Untergrund schließlich beeinträchtigen können. Ausserdem besteht die Gefahr, dass der Feuchtehaushalt der Beschichtungsoberfläche gestört werden kann was zu einer Schädigung der Beschichtung führt.

Eine Gewährleistung über mehrere Jahre sollte weder vom Verarbeiter noch vom Hersteller gegeben werden. Ob ein Befall, auch bei der Verarbeitung von Beschichtungen mit Biozidzusatz, innerhalb der Gewährleistungszeit verhindert wird, ist unsicher und nicht kalkulierbar, der eigentliche Sinn einer Gewährleistung würde hier in Frage gestellt.